Auswertung des Hearings durch Robin Wood und BISS

Bekanntermaßen sollte das Hearing den Mitgliedern des Braunschweiger Rates als Entscheidungshilfe dienen; zugleich war es als Information für Bürger gedacht, die bislang nicht sonderlich tief in die Materie eingestiegen sind. Die Bürger strömten in Scharen zur Veranstaltung – sogar die Tribünen, die eigentlich geschlossen bleiben sollten, waren hinterher recht vollständig besetzt. Eine ganze Reihe von Ratsmitgliedern folgte dem Aufruf ebenfalls. Nicht jeder fühlte sich nach dem Hearing informierter als zuvor; deshalb hoffen wir, einige Missverständnisse im Folgenden ausräumen zu können.

Wir haben uns entschlossen, zu einer Reihe von Aspekten noch einmal explizit Stellung zu nehmen, denn es kam an jenem Abend zu Aussagen, die teilweise nicht nur die Wahrheit sehr dehnten, sondern sogar glatte Lügen beinhalteten (wir belegen dies im Folgenden). An anderen Stellen, beispielsweise beim Beitrag des Landesgesundheitsamtes, wurde nach bestem Wissen und Gewissen berichtet, aber man hielt es offensichtlich nicht für notwendig, auf die dürftige Datenlage, die dem Urteil zugrundelag, gesondert hinzuweisen. Es erscheint uns unerlässlich, auf diese Punkte aufmerksam zu machen.

Wer während des Hearings dem Beitrag von Frau Bruns-Philipps gefolgt ist, die für das Landesgesundheitsamt sprach, war bereits bei den ersten Sätzen erleichtert: Offenbar gibt es keinerlei nachweisbare gesundheitliche Folgen im untersuchten Bereich! Das wäre wirklich erfreulich. Frau Bruns-Philipps arbeitete im Vorfeld bereits aufgeschlossen und äußerst sachgerecht mit der BISS zusammen, und ihre Argumentationen gegen eine statistische Relevanz leuchten uns ein. Allerdings: Das heißt nicht, dass alles harmlos ist.

Auch an der ASSE hatte man bis vor wenigen Jahren stets das Ergebnis fehlender statistischer Relevanz; erst ein Mikrokrebsregister (straßengenau statt kommunenbezogen) brachte belastbare Ergebnisse. Deshalb hat sich das Gesundheitsamt ja auch so genau die von uns genannten Gebiete angesehen. Dieses Register ist aber beileibe nicht vollständig! Das Gesundheitsamt hat keinen Zugriff auf Daten von Menschen, die beispielsweise weggezogen sind und erst Jahrzehnte später erkrankten. Auch an der ASSE wurde erst unter behördlichem (!) Druck, der in Braunschweig offenbar bislang aus offensichtlicher Interessenlage heraus nicht erfolgte, konnte Zugang zu den sensiblen Daten gewonnen werden. Das wäre unseres Erachtens dringend auch für Braunschweig notwendig, unter Einbeziehung der umliegenden Ortschaften wie Bechtsbüttel, Lagesbüttel, Schwülper und so weiter. Erst dann kann man auf Nummer sicher gehen.

Wie bereits gesagt, kritisieren wir hier aber nicht das Vorgehen Frau Dr. Bruns-Philipps‘; wir finden es nur schade, dass bezeichnender- wie verständlicherweise viele der Zuhörer nach ihrem Vortrag den Raum verließen, weil das der für sie entscheidende Punkt war, und dass diesen Menschen die wichtige Information nicht deutlich wurde, dass dies lediglich der augenblickliche Wissensstand ist. Immerhin wurden aber, wie man weiß, dankenswerterweise weitere Untersuchungen in Aussicht gestellt.

Leider hat auch Herr Hornung von der Stadt einen entscheidenden Kritikpunkt geliefert, indem er bei der Darstellung des Bauantragsstatus‘ vergaß darzulegen, dass der Antrag einen klaren Bezug zu Atommüll und der Verbringung desselben in Schacht Konrad herstellt. Dort wird sogar 2014 als Eröffnungsdatum für Schacht Konrad benannt; dieses Datum ist mittlerweile schon wieder obsolet. Leider führte dieses Weglassen zentraler Elemente dazu, dass Herr Dr. Eckerts Darstellung eines bloßen Modernisierungsbaus ungetrübt blieb.

Der zentrale Anteil unserer Kritik bezieht sich auf die Äußerungen Herrn Dr. Eckerts. Dieser hat zwar zugestanden, dass in der Kürze der Zeit natürlich Vergröberungen der Darstellung unerlässlich sind; die Art und Weise, in der sein Vortrag bestimmte Inhalte transportierte, war dann aber aus unserer Sicht an vielen Stellen nicht hinnehmbar.

Herrn Dr. Eckert scheint beispielsweise nicht bekannt zu sein, dass in seinem Betrieb nicht 700, sondern gemäß der Eigendarstellung des Gesamtkonzerns Eckert und Ziegler im Jahr 2010 lediglich 512 Personen im Firmenkomplex arbeiteten; davon entfallen laut Umweltbericht 2010 der Firma Eckert & Ziegler Nuclitec auf Braunschweig rund 130 Mitarbeiter, einschließlich der Angestellten im Bereich Umweltdienste. Da das Argument der Arbeitsplätze in der bundesdeutschen Öffentlichkeit gern als „Totschlagargument“ eingesetzt wird, empfinden wir einen solchen Fauxpas in einer so sensiblen Angelegenheit als unverantwortlich – zumal, das sei betont, es im Hearing ja um die Erweiterung gehen sollte, die von einem Subunternehmen beantragt wurde, das vor Ort noch nicht existiert -und dessen Arbeitsplätze folglich auch nicht beeinträchtigt werden. Hier lag offenbar Stimmungsmache in Richtung Politik vor, die tatsächlich nicht auf Fakten basiert.

Vergleichen können Sie die Zahlen unter nachfolgenden Links:

Außerdem behauptete Herr Dr. Eckert: „Die gesamte Aktivität, die wir im Betrieb verarbeiten, die Sie an einem beliebigen Zeitpunkt in diesem Betrieb finden, passt in einen Schuhkarton“. Und weiter: „Der Rest, die offene Radioaktivität, mit der wir arbeiten, umfasst maximal 100g“. Er behauptete mit Bezug zu einem 20–50ml-Glasgefäß: „Von solchen Winzlingen lagern wir an Stoffen im Betrieb nicht mehr als ein halbes Dutzend. Mehr lagern wir nicht“.

Nach unserem Kenntnisstand befindet sich aber in Thune unter anderem ein Freilager für radioaktive Stoffe, dessen Umfang sehr deutlich über das geschilderte Maß hinausgeht. Außerdem ging es, das kann nicht oft genug betont werden, beim Hearing doch zuallererst um den Hallenneubau für Atommüll, nicht um die jetzige medizinische Produktion. Dankenswerterweise hat das Publikum auch mehr als deutlich gemacht, dass selbstverständlich die Medizinprodukte notwendig und segensreich sind, dass aber die Ängste der Menschen hier sich um den Atommüll drehen, der mit dem Neubau kommen soll. Die Vorwürfe der augenblicklichen Grenzwertüberschreitungen könnten mit Investitionen in Sicherheitsmaßnahmen auf dem bestehenden Gebiet und mit einer freiwilligen Einschränkung des Grenzwertes auf 0,1 mSv/a (unterhalb Gorlebens, denn das liegt nicht im Wohngebiet) relativ leicht aus dem Weg geräumt werden. Das wäre auch im Sinne der jetzigen Mitarbeiter.

Dass Radioaktivität in Gramm statt in Aktivitäten angegeben wird, wie Herr Dr. Eckert es tat, ist nicht nur äußerst unüblich, es ist auch irreführend, denn in diesem Bereich können auch wenige Gramm relevante Wirkungen erzielen. „Gramm“ ist nicht gleichzusetzen mit „harmlose Menge“!

Weiterhin behauptet Herr Dr. Eckert: „Wenn ein Flugzeug dieses Marmeladengläschen trifft, kann die Explosion das darin enthaltene Pulver vielleicht über den Radius der Sprengfontaine verteilen. Aber wer davon getroffen wird, stirbt nicht an Radioaktivität. Da das Pulver keine Wärmeenergie entwickelt, kann es nicht von selbst verdampfen, Druck aufbauen oder sich selbst großflächig in der Umgebung verteilen. Es ist schwer vorstellbar, dass beim Unglück überhaupt etwas zerstreut würde, denn wegen der Abschirmung werden diese Rohmaterialien in dickwandigen, verschraubten Stahlkapseln geliefert. Sie liegen fest in einem verschlossenen Tresor, der nur geöffnet wird, wenn wir Aktivität in verdünnter Lösung den Arbeitsboxen zuführen. Man braucht ein Artilleriegeschoss, um diesen Tresor zu bezwingen.“

Wir stellen erstaunt fest, dass es bei Eckert & Ziegler offenbar

  • trotz Lagerung aller relevanten radioaktiven Stoffe im Umfang nur eines Schuhkartons,
  • wobei diese Stoffe zur Abschirmung in dickwandigen, verschraubten Stahlkapseln angeliefert werden,
  • die Stoffe in einem nur durch ein Artilleriegeschoss aufbrechbaren Tresor gelagert werden
  • und aus dem Tresor nur gelegentlich geringe Mengen in Form verdünnter Lösungen entnommen werden,

trotzdem seit Jahren nicht gelingt, im Normalbetrieb der Anlagen Strahlungswerte am Zaun zu erreichen, die wenigstens mit denen eines Atomkraftwerks oder eines Lagers mit über 100 Castoren vergleichbar wären. Die Strahlenwerte liegen sogar um Größenordnungen über denen von Atomkraftwerken.

Dies legt aus unserer Sicht nahe, dass Herr Dr. Eckert entweder bewusst die Unwahrheit sagt, indem er hoch relevante Mengen und Aktivitäten unterschlägt, oder die Strahlenschutzbedingungen in den Thuner Betrieben nicht ansatzweise den erwartbaren Schutzmaßnahmen entsprechen.

Wenn es wahr sein sollte, dass nahezu die gesamte im Betrieb vorhandene Aktivität räumlich konzentriert in einem Tresor gelagert wird, der nur gelegentlich zur Entnahme geringer, für die Produktion benötigter Aktivitätsmengen geöffnet wird, erwarten wir, dass dieser Tresor umgehend so abgeschirmt wird, dass die am Zaun messbare Strahlenbelastung nicht nachweisbar höher als die Hintergrundstrahlung ist.

Wenn Herr Dr. Eckert betont, dass auch im Falle eines Flugzeugabsturzes auf eines der bzw. die erwähnten „Marmeladengläschen“ nicht mit einer großflächigen Verteilung des radioaktiven Inventars zu rechen wäre, halten wir dies für eine bewusste Falschdarstelltung, weil es in diesem Fall, wie leicht erkennbar ist, nicht darauf ankommt, ob das Pulver sich durch Verdampfung oder sonstwie selbständig über einen großen Bereich verteilen kann. Auch Herrn Dr. Eckert dürfte bekannt sein, dass bei einem derartigen Flugzeugabsturz durch Aufbrechen der Gefäße radioaktiven Inhalts mit einer großräumigen Verteilung durch einen Großbrand aufgrund des mitgeführten Kerosins zu rechnen ist.

In Bezug auf den Atommüll behauptet Herr Dr. Eckert, dass das radioaktive Inventar einer einzigen Tumorbestrahlungsquelle mit 75 GBq dem radioaktiven Inventar entspräche, das in 150 Großcontainern mit Stahlschrott aus dem Rückbau von Atomkraftwerken enthalten wäre. Die von ihm gezeigte Folie 15 konkretisiert, dass es sich dabei um 20-Fuß-Container handeln soll, deren Volumen mit jeweils 40 m³ angegeben wird.

Die von ihm zitierte Strahlenquelle gehört aber zumindest in Bezug auf die spezifische Aktivität in den Bereich der hochradioaktiven Stoffe (vgl. Wikipedia). Außerdem vergisst Herr Dr. Eckert zu erwähnen, dass er bei der Berechnung dieses Abfallvolumens von einer durchschnittlichen Aktivität des Atommülls ausgeht, die ca. um den Faktor 4000 unter der Aktivität liegt, bis zu der Atommüll als schwach radioaktiv gilt. Er arbeitet also mit extrem niedrigen Werten. Vor allem aber unterlässt er es zu sagen, dass Teile des Atommülls auf dem Betriebsgelände definitiv erheblich stärker strahlen können, weil die Firma ja beispielsweise auch Strahlenquellen zurücknimmt. Allein die Rücknahme einer gebrauchten 75 GBq-Strahlenquelle würde zu einer Verdoppelung des Inventars der von ihm angeführten 150 „Groß“-Container führen.

Herr Dr. Eckert legte großen Wert darauf, dass der Hauptgrund für zwei oder drei Messpunkte mit erhöhten Werten im Verhältnis zu Gorleben darin läge, „dass in Gorleben zwischen Hallenwand und Zaun 150 m Gelände liegen. Bei uns sind es 3 m“. Dazu zeigte er ein Bild, auf dem die MP 6 und 7 als „Punkte betroffen wegen der untypischen Nähe zum Gebäude bzw. zu Containern“ hervorgehoben sind.

Es ist korrekt, dass der Abstand in Gorleben zwischen Halle und dem besonders belasteten MP 12 deutlich größer ist als der zwischen Halle und MP 6 / 7 in Thune. Eine Vergrößerung des Abstandes auf dem Betriebsgelände von 20 m bzw. 10 m auf 50 m brächte allerdings keine erhebliche Verbesserung der Strahlenwerte, weil hier von einem Flächenstrahler auszugehen ist und die Gammastrahlung durch die abschirmende Wirkung von 50 m Luft nur auf ca. 70 – 50 % der jetzigen Werte verringert würde.

Abgesehen davon erstaunt uns folgende Tatsache: Uns wurde mitgeteilt, dass die in westlicher Richtung am Zaun aufgestellten Container nicht der Lagerung von Abfall (wie von Herrn Dr. Eckert auf dem Hearing dargestellt), sondern in erster Linie der Abschirmung dienen würden. Wir hätten gern Klarheit über diesen Sachverhalt.

Genau diese Container sollen nun offenbar auf dem neuen Gelände gelagert werden: „Es ist kein Erweiterungsbau, es ist ein Modernisierungsbau […]; wir wollen die Container in die Halle bringen.“ Und weiter: „Wir werden keinen Antrag stellen auf Erweiterung, wir haben uns an das gehalten, was wir vor zwei Jahren auch der Stadt versprochen haben. Wir machen dort nicht mehr, wir werden dort nicht expandieren: Wir wollen den bestehenden Standort modernisieren.“ Die Folie dazu zeigt fett die Schrift: „keine Ausweitung der Umgangsgenehmigung“.

Wir stellen dazu fest: Die Umgangsgenehmigung wird nach letzten uns vorliegenden Zahlen (Stand: Ende 2010) nicht einmal zu 5 % ausgeschöpft. Das bedeutet: Die Firma könnte bereits nach heutiger Genehmigungslage, völlig ohne Erweiterung der Umgangsgenehmigung, legal mit dem 20fachen der Radioaktivität arbeiten wie bisher! Da passt es durchaus ins Bild, dass Herr Dr. Eckert unseres Wissens nie geäußert hat, dass er die auf dem erweiterten Gelände lagernde Aktivität auf die heute dort lagernde Aktivität beschränken wolle.

Wir fordern Herrn Dr. Eckert daher auf, entweder rechtsverbindlich zu erklären, dass die auf dem erweiterten Gelände lagernde Aktivität in Zukunft das heutige Ausmaß nicht (wesentlich) überschreiten wird, oder obige irreführende Aussage, die ihm ohne Weiteres eine Erweiterung des radioaktiven Inventars um den Faktor 20 erlauben würde, zu unterlassen.

Herr Dr. Eckert hat mehrfach davon gesprochen, dass durch die Überwachungsbehörden „Bodenproben, Laubhaufen und Kuhfladen“ untersucht würden, und damit versucht, den Zuhörern den Eindruck zu vermitteln, dass die unabhängige Umgebungsüberwachung ausgesprochen umfassend sei.

Wir stellen fest, dass die unabhängige Überwachung der radioaktiven Belastung der Umgebung durch Kontamination sich seit Jahren darauf beschränkt, dass an zwei Stellen jeweils zweimal pro Jahr jeweils eine Bodenprobe und eine Bewuchsprobe entnommen wird und die Werte mit denen eines – unserer Ansicht nach ungeeigneten – Referenzpunktes verglichen werden.

Desweiteren hat Herr Dr. Eckert mehrfach dazu aufgefordert, nicht durch eine Änderung des Bebauungsplans Fakten zu schaffen, sondern zunächst die strafrechtlichen Ermittlungen sowie ein eventuelles Gerichtsurteil abzuwarten. Man solle erst einmal „nicht am Baurecht schrauben“.

Wir gehen weiterhin davon aus, dass Eckert & Ziegler sowie die weiteren auf dem Gelände ansässigen Unternehmen gemeinschaftlich in strafrechtlich relevantem Ausmaß gegen die Strahlenschutzverordnung verstoßen haben, indem Grenzwerte kontinuierlich und über Jahre hinaus in hohem Maße überschritten wurden. Sollte die Staatsanwaltschaft bzw. das Gericht zu dem Schluss kommen, dass die Grenzwerte durch legale Anwendung der 2000-Stunden-Regelung (und damit der faktischen Erhöhung des Grenzwertes um den Faktor 4,38) im juristischen Sinne eingehalten worden wären, würde dies nichts an unserer Kritik daran ändern, dass die Direktstrahlung in Thune dauerhaft um ein Vielfaches über den Direktsrahlungsdosen von Gorleben und sämtlichen deutschen Atomkraftwerken lag und liegt und dass wir dies in einem Wohngebiet, insbesondere einem mit einem großen Schulzentrum in direkter Nachbarschaft, das zusätzlich besonders für Familien mit Kindern ausgelegt ist, für politisch in keiner Weise vertretbar halten.

Die Entscheidung, ob durch eine Änderung des Bebauungsplans eine Erweiterung des Betriebes und der Ausbau Thunes zu einem zumindest potentiellen nationalen Drehkreuz für Atommüll zur Beschickung Schacht Konrads ausgebaut werden kann, ist eine politische Entscheidung der Stadt Braunschweig, die unabhängig von der rechtlichen Bewertung der Vergangenheit gefällt werden kann und unserer Ansicht nach auch sollte.

In diesem Zusammenhang weisen wir noch einmal darauf hin, dass Herrn Dr. Eckerts Argumentation im wesentlichen auf den Behauptungen fußt, dass

  1. der Atommüll im Verhältnis zu den für die Fertigung von Medizinprodukten gelagerten Stoffen völlig unerheblich sei und
  2. der strahlenschutztechnische Vorteil der beantragten neuen Halle in erster Linie darin bestünde, dass durch den größeren Abstand des Atommülls zum Zaun des Geländes die Strahlenbelastung erheblich sinken würde.

Beides halten wir für falsch, und zwar aus folgenden Gründen:

Zu 1.: Das radioaktive Inventar des Atommülls ist keineswegs zu vernachlässigen, da hier nicht nur der von Herrn Dr. Eckert angeführte gering kontaminierte Strahlschrott angenommen würde, sondern unter anderem auch Strahlenquellen und andere erheblich stärker strahlende Abfälle.

Zu 2.: Hierzu merken wir an, dass entgegen der Behauptung Herrn Dr. Eckerts in der Braunschweiger Zeitung vom 12.12.2011 die Halbwertsdicke von Gammastrahlung in Luft nicht ca. 3 m, sondern (abhängig von der Energie der Strahlung) ca. 50 – 120 m beträgt. Damit ist bei Annahme eines Flächenstrahlers (= Halle) selbst bei unverändertem Inventar und einer Erhöhung des Abstandes zum Zaun um 50 m mit einer Verringerung der Strahlungswerte um lediglich ca. 30 bis 50 % zu rechnen.

An der tatsächlichen Strahlenbelastung der Bevölkerung und der Schulen würde sich durch diese formale Absenkung der am Zaun gemessenen Grenzwerte praktisch nichts (allenfalls durch die räumliche Umlagerung minimal) etwas ändern.

Fazit zur Glaubwürdigkeit (entsprechend: Zuverlässigkeit) und Sachkunde Dr. Eckerts:

Herr Dr. Eckert hat nachweislich auf dem Hearing, in verschiedenen Zeitungsinterviews sowie gegenüber der Stadt wiederholt entweder direkt und in grobem Maße die Unwahrheit gesagt oder zumindest durch die Art der Formulierung einen absehbar falschen Eindruck erweckt. Einige relevante Beispiele dafür haben wir in diesem Schreiben dargelegt. Wir halten es daher für zweifelhaft, dass das Unternehmen unter der Leitung Herrn Eckerts die notwendige Zuverlässigkeit zur Führung eines Nuklearbetriebes aufweist.

Unabhängig von einer atomrechtlichen Bewertung halten wir es für dringend geboten, dass der Rat der Stadt Braunschweig bei seiner eigenen – politischen – Bewertung der Sachlage die Art und Qualität der Stellungnahmen Dr. Eckerts in seine Überlegungen einbezieht sowie die Frage zur Debatte stellt, ob angesichts des durch Herrn Dr. Eckerts Äußerungen offenbarten Kommunikationsverhaltens eine aus Sicht des Rates der Stadt ausreichende Zuverlässigkeit des Unternehmens und seiner Leitung gegeben ist, um einer Erweiterung des Betriebes an diesem Ort zustimmen zu können.

Aus unserer Sicht ergibt sich zwingend der Eindruck, dass aufgrund der Vielzahl an gravierenden Halb- und Unwahrheiten für den Fall, dass die Aussagen nach bestem Wissen erfolgt sind, die fachliche Eignung nicht in ausreichendem Maße vorliegt und dass im Fall einer bewussten Täuschung der Öffentlichkeit die Zuverlässigkeit nicht gegeben ist.

Das zumindest war eine Erkenntnis, die der großen Mehrheit der Zuhörer nach dem Hearing vor Augen lag. Das arrogante, teilweise unpassend joviale („Kinder“) und mit Pauschalurteilen spielende („verpestete“ Atmosphäre) Verhalten des Firmenchefs lehnten selbst diejenigen ab, die mit völlig neutraler Einstellung in die Veranstaltung gekommen waren.

Dass die Frage der Entsorgung von Atommüll während der Veranstaltung praktisch gänzlich vom Ablenkungsmanöver „Medizinprodukte“ verdrängt wurde und erst nach dem Hearing durch den Präsidenten des Bundesamtes für Strahlenschutz erneut aufs Tapet kam, ist äußerst bedauerlich – denn Herr König verlangt mittlerweile von den Bürgern der Stadt Braunschweig ganz offen, die Asselauge zur Verarbeitung anzunehmen, wie in der Februar-Ausgabe der „ASSE-Einblicke“ zu lesen ist. Er hält dies für einen Akt der Solidarität gegenüber den Bewohnern der Asse-Region. Das Publikum in der Stadthalle hätte, wäre dieser Punkt zur Sprache gebracht worden, Solidarität sicher als gemeinsame Suche nach dem wenigstgefährdenden Ort definiert statt als Aufnahme der Lauge im Wohngebiet, also erneuter vermeidbarer Gefährdung – und es hätte diesen Aspekt sicher so deutlich gemacht, dass das öffentliche Interesse daran jedem noch stärker vor Augen gestanden hätte, als dies durch die große Anzahl besorger Besucher ohnehin schon der Fall war.

Robin Wood und BISS