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Integriertes Stadtentwicklungskonzept desintegriert Atomthema

Am vergangenen Mittwoch fand im Zelt vor dem Braunschweiger Rathaus die Vorstellung der Ergebnisse von „Denk Deine Stadt“ statt. So lautet der öffentlichkeitswirksame Titel für den Prozess der Entwicklung eines integrierten Stadtentwicklungskonzeptes, das BürgerInnen die Möglichkeit gab, ihre Vorstellungen einzubringen. Die letztlich übriggebliebenen Ideen berücksichtigen diese Themen aber zumeist nur am Rande – wenn überhaupt.

Das ist alles, was bezüglich des Nuklearstandortes von zahlreichen Einwendungen aus der Bürgerschaft übrigblieb.

Die für die Zukunft Braunschweigs entscheidende Frage des Umgangs mit den Atomfirmen neben Schulen und Wohnhäusern fällt in der Hochglanzbroschüre zur Präsentation sogar vollständig hintenüber. Zwar landete auf einem Stellwandplakat der Satz „Konflikte zwischen Wohnen und Gewerbe lösen!“, aber es fehlt das entscheidende Wort: nuklear-, atom-, radioaktiv, davon liest man nichts. Darüber kann auch das Ausrufezeichen hinter der Forderung nicht hinwegtäuschen.

Wir fragen uns also weiterhin: Wie kann eine Stadt behaupten, im Sinne ihrer Bürger zu handeln, wenn in ihrem Entwicklungskonzept nicht einmal erwähnt wird, dass es deutlich risikoloser wäre, den Atommüll aus der unmittelbaren Umgebung von Schulen und Wohnhäusern zu entfernen? Die Entwicklung ist damit vorgezeichnet: Hin zu einer Erweiterung der bereits jetzt vorhandenen Atommülldrehscheibe und zu einer Erweiterung der Medizinsparte, die mit sehr hohen Strahlungswerten aufwartet.

Bund, Land und Stadt Braunschweig ignorieren die vom Standort ausgehenden Gefahren offensichtlich weiterhin, offenbar bewusst und langfristig planend.

 

 

Schacht KONRAD: Pläne gescheitert – Groko will Eingangslager

(06.02.18/KONPress) SPD und CDU wollen ein zentrales „Bereitstellungslager“ für die KONRAD-Abfälle errichten. Laut Koalitionsvertrag der Groko heißt es dazu: „Für einen zügigen Einlagerungsbetrieb ist die Errichtung eines Bereitstellungslagers unverzichtbar. Wir werden deshalb ein solches Bereitstellungslager einrichten und mit den Planungen dafür unverzüglich beginnen.“

„Das Abfallkonzept für Schacht KONRAD ist gescheitert“ erklärt Ludwig Wasmus von der Arbeitsgemeinschaft Schacht KONRAD. In schönen bunten Bildern wurde vom Betreiber jahrelang erzählt, der Atommüll werde Just-in-time von den Atomkraftwerken nach Schacht KONRAD gebracht. Eine weitere radioaktive Belastung durch ein zentrales Eingangslager sollte so vermieden werden. Doch wieder einmal halten die Planungen für KONRAD der Realität nicht stand.

Ein Eingangslager KONRAD, wo auch immer gebaut, wäre eine neue große Atomanlage, die eine Vielzahl zusätzlicher Atomtransporte auslösen würde. Wasmus dazu: „Wenn das Projekt KONRAD nicht gestoppt wird, werden wir noch weitere unliebsame und gefährliche Überraschungen erleben. Sicherheit spielt dabei für die Verantwortlichen offensichtlich keine Rolle. Sie wollen den Atommüll nur so schnell wie möglich aus ihren Augen schaffen.“

Presseerklärung der AG Schacht Konrad

(Anmerkung: Jetzt dürfen wir alle raten, wo dieses Eingangslager wohl sein könnte…)

Nachlese: „Jetzt reicht’s!“ – Kundgebung und Bürgerinfos

 

 

 

Ca. 70 Nachbarn, Freunde und weitere Gäste hatten sich in die Dezemberkälte gewagt, um an unserer Kundgebung teilzunehmen und zu verdeutlichen: „Jetzt reicht’s!“ – der Störfall bei GE Healthcare hatte viele aufgestört. Die BISS dankt allen, die sich mit uns die Nasen abgefroren haben!

Anschließend ging es in den voll besetzten Saal des Thuner Bürgerhauses, wo die städtische Bürgersprechstunde mit Herrn Stadtbaurat Leuer stattfand. Angesagt war die Teilnahme weiterer Mitglieder der Stadtverwaltung. Fürs Publikum überraschend waren dann auch zwei Mitarbeiter des Niedersächsischen Umweltministeriums (NMU) anwesend. Dabei kamen einige neue Informationen zutage.

Störfall

  • Der Störfall bei GE Healthcare Buchler am 22. November geschah morgens um acht. Im Publikum reagierten nicht nur die Mütter, sondern auch eine Reihe älterer Damen mit Zwischenrufen: „Das ist doch genau die Zeit, in der viele Schülerinnen und Schüler unterwegs sind!“
  • Beim Störfall wurden 21 Megabecquerel Jod-131 freigesetzt. Jod-131 ist ein stark strahlender Stoff mit entsprechend kurzer Halbwertszeit (etwa eine Woche), der besonders für Kinder gefährlich ist und z.B. zu Schilddrüsenkrebs führen kann.
  • Seitens der Mitarbeiterschaft wurden sofort Notfallmaßnahmen ergriffen, nicht erst am nächsten Tag, wie die Braunschweiger Zeitung berichtet hatte. ABER: Diese Maßnahmen erschöpften sich offenbar hauptsächlich im Aufwischen. Dies sei die wichtigste Maßnahme, hieß es. Die Frage nach einem Schließen der Filter bzw. des „Loches“ zur Außenwelt erzielte hingegen nur ausweichende Antworten.
    Es entstand der Eindruck, die Filter könnten entweder überhaupt nicht verschlossen werden oder man hielte dies nicht für eine sinnvolle Option. Beides ist nicht befriedigend.

Schulen

Mehrfach betonten Gäste der Veranstaltung, dass man grundsätzlich eine sofortige Benachrichtigung der anliegenden Schulen wünsche, sobald etwas geschieht, das die tägliche Routine überschreitet (es liegen schließlich sowieso sehr hohe Genehmigungen dafür vor, täglich radioaktive Stoffe in die Luft zu entlassen). Der Hinweis des Ministeriums, es seien ja keine Grenzwerte überschritten worden, überzeugte nicht – schließlich kann schon ein einziges Molekül ausreichen, um eine Krankheit zu induzieren. Deshalb gibt es ja das Minimierungsgebot: Jede vermeidbare zusätzliche Strahlung ist zu vermeiden.

Leider wurde die konkrete Frage, ob man nicht einen „stillen Alarm“ für die Schulen einrichten könne, von Herrn Leuer ans Ministerium verwiesen, das den Impuls missdeutete und rechtlich argumentierte („Es wurden ja keine Grenzwerte überschritten, nur von uns gesetzte Höchstdosen, die als Richtlinien fungieren…“). Die Frage war jedoch ausdrücklich an die kommunale Feuerwehr gerichtet gewesen, als Anregung für die Stadt Braunschweig, kreative Wege zum Umgang mit der schwierigen Lage zu finden, in die die Verwaltung sie seit Jahrzehnten immer tiefer manövriert hat (ein Gast identifizierte dann auch das Verhalten der Verwaltung als zentrales Problem im Zusammenhang mit den Thuner Firmen).

Wir meinen: Schade, dass die Frage nach dem „stillen Alarm“ sofort vom Tisch gewischt wurde: Eine solche Benachrichtigung hätte zumindest dazu führen können, in den Schulen die Fenster zu schließen und eine Regenpause auszurufen, um ggf. zu verhindern, dass Schüler Nuklide einatmen. Das scheint die Verwaltung aber nicht wahrhaben zu wollen.

Störfallanalyse

Eckert & Ziegler hat eine Störfallanalyse erstellt, die vom NMU zur Prüfung an den TÜV übergeben wurde. Bei den Berechnungen für diese Störfallanalyse wurde angenommen, dass alle Gebäude komplett zerstört werden, was zunächst wie eine angemessene, konservative Annahme wirkt. Der sogenannte „Bunker“ jedoch bleibt in diesem Szenario unbeschädigt.

Wir finden: Das klingt ein wenig wie „Die Titanic ist unsinkbar, Fukushima ist sicher und Atomkraftwerke gehen nur alle 10,000 Jahre in die Luft!“ – völlig unglaubwürdig. Wir würden gern die Begründung für die Annahme sehen, dass der „Bunker“ unzerstörbar ist!

B-Plan

Zum aktuell neuesten Bebauungsplan, der demnächst erstellt werden soll, ergab sich nichts Neues. Allerdings kam der ehemals „neue“ (vom Oberverwaltungsgericht Lüneburg für ungültig erklärte) Bebauungsplan einmal mehr zur Sprache. Eine Zuhörerin fragte kritisch, weshalb man denn diesmal glauben sollte, die Verwaltung würde alles rechtssicher gestalten, wenn dies doch schon beim ersten B-Plan behauptet wurde und offensichtlich nicht der Fall war.

Herr Leuer wies darauf hin, die Verwaltung habe gar nicht immer gesagt, alles würde rechtssicher gestaltet; es sei hingegen von Anfang an heikel gewesen mit der Rechtssicherheit, das könne man schon im ersten Aufstellungsbeschluss nachlesen.

Als Anwohner und BISS-Mitglieder fragten sich viele: Wenn von Anfang an klar war, dass die Rechtssicherheit ein Knackpunkt sein könnte, wieso hat die Verwaltung dann auf unseren ausdrücklichen Hinweis hin trotzdem keine tiefgehenderen Analysen vornehmen lassen als nur das Restrisiko-„Gutachten“? Genau dieser Punkt wurde dann nämlich vom Gericht als nicht ausreichend eingestuft. Mit anderen Worten: Man hätte besser schon damals einen echten Stresstest in Auftrag gegeben. Und: Man sollte den BISS-Stresstest diesmal ausführlichst prüfen.

Stresstest

Herr Leuer sagte zwar zu, den BISS-Stresstest von Verwaltungsmitarbeitern lesen zu lassen, fügte aber postwendend hinzu, man würde letztlich der zuständigen Fachbehörde (= dem Umweltministerium) die fachliche Beurteilung überlassen. Und wir wissen: Das Umweltministerium besteht auf der unveröffentlichten Störfallanalyse und pfeift offensichtlich auf unseren öffentlich nachvollziehbaren Stresstest – das kann man nicht anders ausdrücken.

Fazit

Die Diskrepanz zwischen dem Wunsch der Anwohner nach Schutz, Transparenz und sofortiger Information und dem Bedürfnis der Behörden, alles in juristischen Schemata auszudrücken, hätte nicht deutlicher sein können. In privaten Gesprächen wurde später sogar klar: Allein der Gedanke, langfristig die Firmen ein ganz kleines bisschen einzuschränken, erscheint den Aufsichtsbehörden als Verstoß gegen geltendes Recht. Da fragt man sich doch spontan: Wo bleibt das Recht der Anwohnerschaft auf Sicherheit und körperliche Unversehrtheit? Wie kann eine faire Abwägung aller Interessen vorgenommen werden, wenn von vornherein feststeht, dass die Wünsche einer der Parteien überhaupt nicht angetastet werden dürfen?

Trotz dieser offen sichtbaren Umstände verlief die Fragerunde ruhig, auch wenn die Antworten der Verwaltung bzw. des Ministeriums teilweise sehr unbefriedigend blieben und vom Publikum entsprechend kommentiert wurden.

Unterm Strich bleibt die Frage nach einem gemeinsamen Masterplan für Braunschweig: Wohin soll es mit der Stadt gehen? Denn im Falle eines wirklich großen Störfalls wäre die ganze Stadt betroffen. Da hilft auch Herrn Leuers Versuch wenig, das Nukleargelände im Norden nach wie vor als lokales Problem darzustellen: Er sagte sinngemäß, er könne verstehen, dass wir gerne mehr gehabt hätten, aber… Nein, Herr Leuer. Es geht um ganz Braunschweig. Es ist nicht nur unser Problem, sondern auch Ihres. Und das aller Anderen.

 

Pressemitteilung: Bevölkerungsschutz vor Eigennutz

– Pressemitteilung –

Bevölkerungsschutz vor Eigennutz: Einladung zur Kundgebung

Beim Störfall auf dem Nukleargelände in Braunschweigs Norden wurde am 22. November so viel radioaktives Jod-131 in die Umgebung freigesetzt, dass der genehmigte Höchstwert für 24 Stunden um ca. 40 % überschritten wurde. Dennoch hielten es weder die betroffene Firma GE Healthcare Buchler noch das Niedersächsische Umweltministerium für nötig, die Stadtverwaltung oder auch nur die Anwohner und die benachbarten Schulen zu benachrichtigen.

Peter Meyer von der BISS: „Bevölkerung und Verwaltung wurden hier offenbar an der Nase herumgeführt – stell Dir vor, es ist Atomunfall, und die Betroffenen erfahren es nicht. Auch der Leiter des Katastrophenschutzes zeigte sich deshalb verstimmt. Es ist schlimm genug, dass die Stadt sich in eine Position manövriert hat, in der sie gezwungen ist, auf Regelungen zum Strahlenschutz für die Nuklearfirmen in Braunschweig zu verzichten. Aber das hier setzt dem Fass die Krone auf. Für die Nuklearfirmen zählen weder die Menschen noch die Kommune – hier zählt nur der Profit.“

Unter dem Motto „Es reicht!“ ruft die Bürgerinitiative Strahlenschutz (BISS) deshalb zu einer Kundgebung auf: Am Montag, 04.12., um 16:30 Uhr vor dem DGH in Thune, Thunstraße 8a, 38110 Braunschweig. Um 17 Uhr besteht dann Gelegenheit, am gleichen Ort an der städtischen Bürgersprechstunde teilzunehmen. Deren Schwerpunkt: Die Nuklearfirmen in Thune.

BISS e.V.

Aufruf:

Es reicht!
Protestkundgebung vor dem DGH in Thune.

– Freisetzung von Radioaktivität neben Wohnhäusern und Schulen,
– Hinterzimmergespräche und ein ‚dreckiger Deal‘
mit Eckert und Ziegler als sogenanntes Gesamtpaket.
Kein Atommüll neben Schulen.

Mittwoch letzter Woche gab es einen Zwischenfall mit Jod-131 auf dem Gelände, bei dem es eine Freisetzung gab. Laut Angaben des Umweltministeriums wurde der genehmigte (erhebliche) Höchstwert der Emissionen um 40% deutlich überschritten.

Stadt, Bevölkerung sowie Feuerwehr erfuhren dies
erst fast eine Woche später aus der Zeitung.

Am 04.12.2017 ab 17:00 Uhr findet im Dorfgemeinschaftshaus in Thune, Thunstr. 8a
eine Bürgersprechstunde mit dem Schwerpunktthema neuer Bebauungsplan statt.

Aufgrund derartiger Ereignisse und der damit verbundenen Informationspolitik,
dem nicht vorhandenen Krisenmanagement,
den offensichtlich nicht vorhandenen Sicherheitsmechanismen
(wenn das Umfallen eines Glases schon ausreicht den bereits zu hohen genehmigten Grenzwert zu überschreiten …)

ist das ‚Gesamtpaket‘ der Verwaltung im Hinterzimmer mit Eckert und Ziegler bei dem seitens der Stadt der Strahlenschutz und damit der Schutz der Bevölkerung völlig ausgeklammert werden soll für uns Bürger untragbar und ein Schlag ins Gesicht.

Zeigen wir der Verwaltung, dass es so nicht geht!

Wir treffen uns
am 04.12.17 um 16:30 vor dem Eingang des DGH in Thune,
Thunstr. 8a

zu einer Protestkundgebung.

Kommt zahlreich!